Die deutschen Universitäten werden heute nach Vorgaben des New Public-Management (NPM) reformiert. Dabei wird häufig unter dem Eindruck der Vielfalt der Instrumente, die zum Einsatz kommen, aus den Augen verloren, dass es sich bei NPM - aus analytischer Perspektive - durchaus um ein ganzheitliches Modell der Governance von Hochschulen und anderer staatsnaher Organisationen handelt. Aber auch zahlreiche nichtintendierte Effekte dieser Reformen lassen sich beobachten. Der Beitrag versucht dies im Rahmen eines Überblicks über die aktuelle Literatur aufzuzeigen. Da andere Länder mit Blick auf NPM-Reformen ihrer Hochschulsysteme fortgeschrittener sind als Deutschland, wird ein Schwerpunkt auf die international vergleichende Literatur der letzten Dekade gelegt.
"Etzioni ist insbesondere durch seine beiden Bücher 'The Active Society' und 'The New Golden Rule' zu einem der bekanntesten Makrosoziologen avanciert. Der Auto würdigt sein Werk und prüft, welche Bedeutung Etzionis Analysen für die (normative) Zukunftsforschung haben. Im erstgenannten Werk problematisiert Etzioni die staats-interventionistischen Amibitionen der 1960er- und 1970er-Jahre und stellt diesen sein partizipatives Modell der aktiven Gesellschaft gegenüber: Eine Gesellschaft kann zwischen den Extrempunkten Entropie (hobbesscher Naturzustand) und sozialer Ordnung (hier eher im Sinne von staatlicher Übersteuerung zu verstehen) verortet sein, was sich anhand der Kriterien Konsens, Kontrolle, Authentizität und Responsivität messen lässt. Das kohäsive Moment, das die Gesellschaft zusammenhält, ist bzw. sollten soziale Gruppen sein (die Etzioni später Gemeinschaften nennt). Sein Idealbild, mithin: normatives Zukunftsbild, ist die 'Aktive Gesellschaft' mit einer lebendigen Partizipationskultur, bei der die vier genannten Messgrößen alle hoch ausgeprägt sind. In der 'Verantwortungsgesellschaft' ('The New Golden Rule') betont Etzioni den Eigenwert der Gemeinschaft gegenüber dem Individuum und der Gesellschaft. Stabile Gemeinschaften zeichnen sich durch affektgeladene Beziehungen zwischen den Mitgliedern und ein Verantwortungsgefühl für die gemeinsame Sache aus. Die Gesellschaft wird als Gemeinschaft der Gemeinschaften konzeptualisiert. Was bei der 'Aktiven Gesellschaft' noch kybernetisch Entropie und Ordnung genannt wurde, wird nun mit neuer Akzentuierung als Autonomie und Ordnung bezeichnet. Insbesondere in einem exzessiv en Individualismus, einer atomisierten Gesellschaft, die etwa von der Postmoderne prognostiziert wird, sieht er eine große Gefahr, die bis hin zur Selbstaufhebung der Gesell- schalt führen kann. Gemeinschaften, die sich für Demokratie, Grund- und Freiheitsrechte und gesellschaftsweite, die unterschiedlichen Gemeinschaften integrierende Dialoges' einsetzen, können dem entgegenwirken. Der Autor weist darauf hin, dass die Ausblendung differenzierungstheoretischer Argumente (Übermacht der Systeme) und der Überlegungen der Rational-Choice-Theorie (Individualisierung und Atomisierung) als Schwächen von Etzionis Vorgehen zu werten sind. Beides schränkt seine Prognosekraft ein und betont die Normativität seines Ansatzes. Die aktuellen 'Wutbürgeraufstände' zeigen jedoch, dass die von Etzioni betonte gemeinschaftliche Partizipation Realität ist. Durch die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten wird es immer schwerer werden, bürgerschaftliches Engagement zu blockieren." (Autorenreferat)
Die moderne Gesellschaft ist nach der These des Autors im Wesentlichen eine Organisationsgesellschaft. Mit der Organisationssemantik kommt die Dynamik eines rationalen Gestaltungshandelns gesellschaftlich zur Geltung, wobei dem Staat als souveräner Organisation die umfassendste Gestaltungsaufgabe und damit einhergehend die ausschließliche Gestaltungsverantwortung zukommt. Zunächst in Frankreich und im Zuge nachholender Entwicklung auch in Deutschland entwickelten sich die politischen Kulturen Kontinentaleuropas und darüber hinaus in Form von "Staatsgesellschaften" Diese Entwicklung ist seit Ende des 19. Jahrhunderts von einer sozialwissenschaftlichen Zeitdiagnostik kritisch begleitet worden. Die sukzessive Durchorganisierung der Gesellschaft im Allgemeinen und der politischen Sphäre im Besonderen hat vielfältige Legitimitätsdiskurse hervorgebracht, die den jeweiligen Status quo der staatlich-organisatorischen Durchdringung der Gesellschaft nicht nur diagnostiziert, sondern auch anhand verschiedener normativer Maßstäbe beurteilt haben. Der vorliegende Beitrag aus Anlass des 60. Geburtstags von Walter Reese-Schäfer zeichnet die Hauptargumentationslinien der Legitimitätsdiskurse seit Ende der 1960er Jahre nach und diskutiert eine Auswahl entsprechender theoretischer Einsichten, Diagnosen und Therapien in Hinblick auf die aktuellen Probleme der politischen Vergesellschaftung. (ICI2)
Das Ziel dieses Beitrags besteht darin, die Ursachen für intendierte und nichtintendierte Effekte in den Forschungsevaluationssystemen der angelsächsischen Vorreiterländer Großbritannien und Australien herauszuarbeiten und auf dieser Grundlage die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher Effekte in Deutschland abzuschätzen. Können wir von den angelsächsischen Systemen lernen? Aus dem angestellten Vergleich mit den angelsächsischen Ländern zieht der Autor für die Entwicklung in Deutschland erste Schlussfolgerungen. Abschließend spricht er ein Grunddilemma jeder Evaluation von Forschung und Forschungsleistung an, das von Forschungspolitik und Wissenschaftsmanagement gleichwohl berücksichtigt werden sollte: Evaluationssysteme und Leistungsbeurteilungen führen häufig zu einer starken Homogenisierung der institutionellen Umwelt von Forschung, die auch die Forschung selbst einem starken Homogenisierungsdruck aussetzt. Man sollte aber - frei nach Niklas Luhmann - nicht vergessen, dass Universitäten die gesellschaftliche Funktion haben, Komplexität zu erhöhen und nicht, sie zu reduzieren. (HoF/Text übernommen)
Der vorliegende Beitrag fragt danach, ob es eine [...] Zwangsläufigkeit der Strukturdynamik [...] in der Hochschulpolitik gibt. Es wird im Weiteren erörtert, ob und wie es die Bundespolitik vermocht hat, hochschulpolitisch gestaltend mitzuwirken. Zu diesem Zweck wird dargelegt, wie der Bund bis Mitte der 1970er Jahre in die Hochschulpolitik eingestiegen ist und welche Fortwirkungen insbesondere die dabei erworbenen formellen Kompetenzen bis zur ersten Stufe der Föderalismusreform von 2006 gezeitigt haben. Dabei sind aus Sicht des Bundes seine errungenen formellen Gestaltungsmöglichkeiten stets unbefriedigend geblieben. Seine mittelbaren substantiellen Gestaltungsmöglichkeiten über die Projekt- und Programmförderung sollten jedoch nicht unterschätzt werden und zeigen sich auch in den heute schon sichtbaren Auswirkungen der Exzellenzinitiative auf die deutsche Hochschullandschaft. (DIPF/Orig.).
Der vorliegende Beitrag fragt danach, ob es eine [...] Zwangsläufigkeit der Strukturdynamik [...] in der Hochschulpolitik gibt. Es wird im Weiteren erörtert, ob und wie es die Bundespolitik vermocht hat, hochschulpolitisch gestaltend mitzuwirken. Zu diesem Zweck wird dargelegt, wie der Bund bis Mitte der 1970er Jahre in die Hochschulpolitik eingestiegen ist und welche Fortwirkungen insbesondere die dabei erworbenen formellen Kompetenzen bis zur ersten Stufe der Föderalismusreform von 2006 gezeitigt haben. Dabei sind aus Sicht des Bundes seine errungenen formellen Gestaltungsmöglichkeiten stets unbefriedigend geblieben. Seine mittelbaren substantiellen Gestaltungsmöglichkeiten über die Projekt- und Programmförderung sollten jedoch nicht unterschätzt werden und zeigen sich auch in den heute schon sichtbaren Auswirkungen der Exzellenzinitiative auf die deutsche Hochschullandschaft. (DIPF/Orig.)
Die deutschen Universitäten werden heute nach Vorgaben des New Public-Management (NPM) reformiert. Dabei wird häufig unter dem Eindruck der Vielfalt der Instrumente, die zum Einsatz kommen, aus den Augen verloren, dass es sich bei NPM – aus analytischer Perspektive – durchaus um ein ganzheitliches Modell der Governance von Hochschulen und anderer staatsnaher Organisationen handelt. Aber auch zahlreiche nichtintendierte Effekte dieser Reformen lassen sich beobachten. Der Beitrag versucht dies im Rahmen eines Überblicks über die aktuelle Literatur aufzuzeigen. Da andere Länder mit Blick auf NPM-Reformen ihrer Hochschulsysteme fortgeschrittener sind als Deutschland, wird ein Schwerpunkt auf die international vergleichende Literatur der letzten Dekade gelegt.
Der Beitrag von Kybernetik und Systemtheorie für die Governance-Forschung wird diskutiert. Dabei werden Fragen der politischen Planung und der politischen Steuerung angesprochen. Das systemtheoretische Konzept der Kontextsteuerung von Willke wird als produktivster systemtheoretischer Beitrag zur Governance-Problematik hervorgehoben. Allerdings krankt das Konzept an einem Legitimitätsdefizit, dem sich das Tagesgeschäft des politischen Gestaltungshandelns in verflochtenen Verhandlungsarenen und komplexen Governance-Konstellationen generell ausgesetzt sieht. Policy-Netzwerke erfüllen nicht das unverzichtbare Kriterium der Inputlegitimität. (GB)
Der Autor erörtert spezifische Legitimitätsprobleme, die in der Organisationsgesellschaft auftreten können. In Auseinandersetzung mit politikwissenschaftlichen Überlegungen und verfassungsrechtlichen Positionen, z.B. mit Jürgen Habermas' Vorstellungen sowie mit neueren Debatten über eine "assoziative Demokratie" betrachtet er die moderne kulturelle "Staatsgesellschaft" als Organisationsgesellschaft, was aus historischer Sicht umso evidenter wird, je mehr der zeitgenössische "kooperative Staat" in vielfältigen Interorganisationsverflechtungen in alle gesellschaftlichen Teilsysteme hinein regiert - unter Beteiligung der dort jeweils etablierten Organisationen. Er beschreibt die zunächst in Frankreich und im Zuge nachholender Modernisierung auch in Deutschland sich entwickelnden politischen Kulturen von Staatsgesellschaften und die klassische Kritik an diesen. Er reflektiert das Legitimitätsproblem im Diskurs der Policy-Analyse und der Steuerungstheorie und entwickelt einige Vorschläge zur Akzeptanz und Demokratisierung der Organisationsgesellschaft. (ICI2)